Hitzewellen in Deutschland: Einfluss auf die Sterblichkeit in Folge von Herz- und Atemwegserkrankungen
- 1Deutscher Wetterdienst, Research Center Human Biometeorology, Freiburg, Germany
- 2Umweltbundesamt, Berlin, Germany
Der Zusammenhang zwischen sommerlichen Hitzeperioden und der Zunahme der Sterbefälle wurde in den letzten Jahren weltweit und auch für Deutschland in zahlreichen Studien belegt. In Deutschland stand dabei überwiegend die Gesamtmortalität im Mittelpunkt. Weniger bekannt ist, wie sich die hitzebedingte Sterblichkeit in einzelnen Diagnosegruppen verhält.
In der vorgestellten Untersuchung haben wir den Einfluss von Hitzeperioden auf das Auftreten von Todesfällen infolge von ischämischen Herzerkrankungen (ICD-10 I20-I25) und chronischen Erkrankungen der unteren Atemwege (ICD-10 J40-J47) untersucht. Die retrospektive Analyse basiert auf Daten der Jahre 2001-2015 für mehrere Regionen in Deutschland. Die Todesursachengruppe ischämischen Herzerkrankungen liegt bei Frauen und Männern mit 12.6% bzw. 15.2% auf Rang eins in der Todesursachenstatistik. Bei den chronischen Krankheiten der unteren Atemwege gibt es größere Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Bei Männern belegt sie mit 4.3% der Fälle Rang 3, bei Frauen mit 3.3% Rang 7 (alle Zahlen jeweils für das Jahr 2015).
Das Mortalitätsrisiko sowohl aufgrund von Atemwegserkrankungen als auch von ischämischen Herzerkrankungen steigt oberhalb von ca. 18°C Tagesmitteltemperatur stark an und erreicht eine Zunahme der Mortalität um bis zu 40 % an sehr heißen Tagen (Tagesmittel > 26°C). Die Mortalität aufgrund von chronischen Atemwegserkrankungen ist mit 4.4% pro °C durch einen steileren Anstieg stärker betroffen, als die Mortalität infolge von ischämischen Herzerkrankungen mit 3.5% pro °C.
In einem zweiten Schritt wurden die Ergebnisse der retrospektiven Analyse auf Projektionen zur zukünftigen Entwicklung des Klimas in Deutschland angewandt. Für beide Diagnosegruppen zeigt sich ein Anstieg der hitzebedingten Sterblichkeit, die mit der zunehmenden Häufigkeit von Hitzewellen (mind. drei aufeinanderfolgende Tage mit Lufttemperatur > langjährigen 95. Perzentil) einhergeht. Die Anzahl Hitzewellentage wird für Deutschland von aktuell 13 Tagen (1981 – 2010) bis 2021 – 2050 auf ca. 23 Tage (identisch für RCP 4.5 und RCP 8.5), am Ende des Jahrhunderts sogar auf 31 bzw. 54 Tage steigen (RCP 4.5 bzw. RCP8.5). Zusätzlich zur Häufigkeit zeigen sowohl die Dauer als auch die Intensität der Hitzeperioden eine signifikante Zunahme. Die Mortalität während Hitzeperioden steigt vor allem in Abhängigkeit mit ihrer Dauer und verstärkt die zu erwartende Mortalitätszunahme.
Die erzielten Ergebnisse betonen den Bedarf geeigneter gesundheitlicher Präventionsmaßnahmen und eine deutliche Verstärkung von Klimaschutzmaßnahmen, um die hitzebedingten Auswirkungen der erwarteten Klimaänderungen so gering wie möglich zu halten.
How to cite: Schlegel, I., Muthers, S., Matzarakis, A., and Mücke, H.-G.: Hitzewellen in Deutschland: Einfluss auf die Sterblichkeit in Folge von Herz- und Atemwegserkrankungen, DACH2022, Leipzig, Deutschland, 21–25 Mar 2022, DACH2022-121, https://doi.org/10.5194/dach2022-121, 2022.