Zur Ermittlung von Profilen verschiedener Turbulenzvariablen aus Doppler-Lidar-Messungen
- DWD, Met. Observatory Lindenberg, Met. Observatory Lindenberg, Germany, Tauche (OT Lindenberg), Germany (eileen.paeschke@dwd.de)
Eine der wesentlichen Prozessvariablen zur Charakterisierung der atmosphärischen Grenzschicht (AGS) ist die turbulente kinetische Energie (TKE). In modernen Wettervorhersage-Modellen erfolgt die Simulation der TKE mit einer eigenen prognostischen Gleichung, hieraus ergibt sich zunehmend der Bedarf nach Messdaten zur Verifikation der Modellergebnisse auch für diese Variable. Operationelle Messungen der TKE werden in der Praxis nur an wenigen Standorten mittels 3D-Ultraschall-Anemometern durchgeführt und sind damit oft auf Höhen in Bodennähe, in Einzelfällen auf Mastmessungen bis etwa 200 m Höhe beschränkt. Am Meteorologischen Observatorium Lindenberg – Richard-Aßmann-Observatorium des DWD wurde in den letzten Jahren ein in der Literatur beschriebenes Verfahren (Smalikho und Banakh, 2017) zur Ableitung verschiedener Turbulenzvariablen aus Doppler-Lidar-Messungen implementiert, getestet und anhand mehrmonatiger Datensätze bewertet.
Das Verfahren von Smalikho und Banakh (2017) zeichnet sich zum einen dadurch aus, dass es auf der Grundlage von nur einer Scankonfiguration sowohl die Bestimmung des mittleren Windvektors als auch eine kombinierte Abschätzung mehrerer Turbulenzvariablen (TKE, Impulsfluss, Dissipationsrate, integrale Längenskala) erlaubt und damit ein in sich konsistenter Datensatz zur Charakterisierung turbulenter Prozesse gewonnen werden kann. Zum anderen berücksichtigt das Verfahren verschiedene Korrekturmöglichkeiten, um z.B. dem Mittelungseffekt über das Doppler Lidar Pulsvolumen und der damit verbundenen begrenzten Auflösbarkeit kleinräumiger turbulenter Fluktuationen Rechnung zu tragen. Das Verfahren basiert auf Messungen im sogenannten Continuous Scan Mode (CSM), dessen Anwendung eine vergleichsweise niedrige Anzahl von Lidar-Pulsen pro Messstrahl erfordert. Damit können klassische Ansätze der Datenfilterung (Signal-to-Noise Schwellwert, Consensus Filterung) für die Analyse dieser Messungen nicht verwendet werden.
Der Beitrag beschreibt zunächst sowohl das Scan-Verfahren als auch die Methodik zur Ableitung der TKE, dabei wird auf alternative Ansätze zur Datenfilterung eingegangen. Ebenfalls implementiert wurde ein mehrstufiges Verfahren zur Charakterisierung der Qualität der abgeleiteten Turbulenzvariablen. Eine Bewertung der ermittelten TKE erfolgt auf der Basis mehrmonatiger Messungen auf dem Grenzschichtmessfeld Falkenberg des DWD.
Erste Vergleiche mit unabhängigen Referenzmessungen (insb. Sonic Messungen in 90m Höhe) zeigen eine gute Übereinstimmung. Bei gesamtheitlicher Betrachtung des Turbulenzdatensatzes können des Weiteren hinreichend bekannte Effekte, wie z.B. die scherinduzierte Turbulenz unterhalb eines Low Level Jets nachgewiesen und gleichzeitig Größenabschätzungen für die damit in Verbindung stehenden turbulenten Wirbel geliefert werden. Diese Einblicke zeigen mögliche Potentiale auf, Grenzschichtprozesse auf Grundlage eines umfangreichen Messdatensatzes bestehend aus Profilinformationen verschiedener Turbulenzvariablen genauer zu analysieren und damit besser verstehen zu lernen. Des Weiteren hat die Testphase deutlich gezeigt, dass die Ableitung eines belastbaren Daten-Produktes sehr stark von der Güte der Lidar-Rohdaten abhängt. Hierbei spielen nicht nur atmosphärische Bedingungen (z.B. der Aerosolgehalt der AGS), sondern auch die Leistungsmerkmale des Messsystems, eine Rolle. Die in diesem Zusammenhang gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse zur Qualität der abgeleiteten Produkte werden abschließend diskutiert.
How to cite: Päschke, E., Detring, C., Frank, B., Kayser, M., and Leinweber, R.: Zur Ermittlung von Profilen verschiedener Turbulenzvariablen aus Doppler-Lidar-Messungen, DACH2022, Leipzig, Deutschland, 21–25 Mar 2022, DACH2022-61, https://doi.org/10.5194/dach2022-61, 2022.